Geschichte des Bergbaus in Dorsten

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[[Datei:Beispiel.jpg]](Bild 2) Bergbau in Dorsten um 1910
 
Beide Zechen förderten bereits Mitte der zwanziger Jahre jeweils 500 000 t Steinkohle. Die Eisen- und Stahlwerk Hoesch AG hatte 1918 das Bergwerk Fürst Leopold übernommen. Die Alte und die Neue Kolonie in Holsterhausen sowie die Zechensiedlung in Hervest waren entstanden. Eisenbahnanbindungen in allen 4 Himmelsrichtungen waren geschaffen, der Lippe-Seitenkanal (heute Wesel-Datteln-Kanal) war errichtet worden. Dorsten war zur Bergbaustadt geworden.
Beide Zechen förderten bereits Mitte der zwanziger Jahre jeweils 500 000 t Steinkohle. Die Eisen- und Stahlwerk Hoesch AG hatte 1918 das Bergwerk Fürst Leopold übernommen. Die Alte und die Neue Kolonie in Holsterhausen sowie die Zechensiedlung in Hervest waren entstanden. Eisenbahnanbindungen in allen 4 Himmelsrichtungen waren geschaffen, der Lippe-Seitenkanal (heute Wesel-Datteln-Kanal) war errichtet worden. Dorsten war zur Bergbaustadt geworden.

Version vom 17:06, 2. Okt. 2009

Von Michael Kuschke

Die erste Kohle auf Dorstener Stadtgebiet wurde am 09. November 1897 in der Feldmark in einer Bohrung bei ca. 540 m Tiefe gefunden. Zu dieser Zeit war Dorsten eine Stadt mit ungefähr 5000 Einwohnern. Im Ruhrgebiet existierten bereits seit einem halben Jahrhundert so bekannte Zechen wie Consolidation in Gelsenkirchen, Zollverein in Essen, Holland in Wattenscheid oder Hannibal in Bochum.

Um den Weg des Kohleabbaus aus dem mittleren Ruhrgebiet nach Norden und damit auch nach Dorsten zu verstehen, ist der Blick auf einen Nord-Süd Schnitt durch das Ruhrgebiet hilfreich.

Man erkennt in violett die Bergbauzone und sieht, dass diese an der Ruhr bis an die Tagesoberfläche reicht. Nach Norden hin ist sie von einem immer dicker werdenden Deckgebirge überlagert. Es hat in Dorsten eine Mächtigkeit von ca. 500 m. Noch weiter nördlich, in Münster sind es fast 2 km und unter der Nordsee bereits 5 km.

Richtig los ging es in Dorsten mit der Kohleförderung dann 1912 und 1913. Die Bergwerke Baldur in Holsterhausen und Fürst Leopold in Hervest hatten jeweils 2 Schächte abgeteuft und die Kohleförderung aufgenommen. Die Zeche Baldur wurde von der Gewerkschaft Trier aus Hamm betrieben. Betreiber von Fürst Leopold war die Bergwerks AG Consolidation in Gelsenkirchen.



Beide Zechen förderten bereits Mitte der zwanziger Jahre jeweils 500 000 t Steinkohle. Die Eisen- und Stahlwerk Hoesch AG hatte 1918 das Bergwerk Fürst Leopold übernommen. Die Alte und die Neue Kolonie in Holsterhausen sowie die Zechensiedlung in Hervest waren entstanden. Eisenbahnanbindungen in allen 4 Himmelsrichtungen waren geschaffen, der Lippe-Seitenkanal (heute Wesel-Datteln-Kanal) war errichtet worden. Dorsten war zur Bergbaustadt geworden.

Doch die Weltwirtschaftskrise forderte ihre Opfer: Baldur wurde 1931 stillgelegt, das Grubenfeld und die Schächte der Zeche Baldur wurden von Fürst Leopold übernommen. Die Abbaufelder der beiden Zechen konzentrierten sich zu dieser Zeit noch relativ nah an den Schächten.

(Bild 3) Bergbau in Dorsten um 1930

Der Abbau ging in den oberen Flözen, direkt unter dem Deckgebirge in einer Teufe zwischen 550 m und 700 m um.

Das Bergwerk nannte sich nun Fürst Leopold/Baldur. In den Jahren des 2. Weltkrieges waren bis zu 2.800 Mann auf dem Dorstener Bergwerk beschäftigt. Es soll nicht verschwiegen werden, dass sich darunter auch zahlreiche Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter befanden. Zu dieser Zeit wurden auch erstmals mehr als eine Mio. Tonnen Steinkohle pro Jahr gefördert. Der untertägige Abbau erstrecke sich über eine wesentlich größere Fläche. Es wurde nun auch in schachtfernere Bereiche vorgestoßen.

Bergbau in Dorsten um 1950 Der Wiederaufbau in den 50er Jahren brachte zunächst für den Bergbau in Dorsten keine wesentlichen neuen Entwicklungen. Erst nach 1960 kam es zu größeren Veränderungen. Im Stadtteil Wulfen wurde das Bergwerk Wulfen von der Mathias Stinnes AG als letztes Bergwerk in der Bundesrepublik neu errichtet. 1958 wurde im Beisein des damaligen Bundeswirtschaftsministers Ludwig Erhardt mit den Abteufarbeiten begonnen.

(Bild 5) 23. Juni 1958 Beginn der Teufarbeiten in Wulfen

Die Mathias Stinnes AG hatte in Wulfen großes vor: Man plante mit 5.000 Beschäftigten, die täglich 10 bis 12.000 t Kohle in Wulfen fördern sollten. Eine 158 ha große Siedlungsfläche wurde vom Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk geplant: Die "Neue Stadt Wulfen". Hier sollten 30 – 40.000 Menschen eine Heimat finden.

Doch die Rahmenbedingungen änderten sich. Erdöl und Erdgas begannen zunächst auf dem Wärmemarkt die Kohle zurückzudrängen. Die Steinkohlenförderung ging zurück. In der Folge wurden Zechen stillgelegt. Für Wulfen bedeutete das, dass auf den geplanten Ausbau zum Großbergwerk verzichtet wurde. Die Neue Stadt wurde keine "Bergmannssiedlung". In ganz Wulfen wohnen heute ca. 17.000 Menschen. Das Bergwerk Wulfen hat maximal 400.000 t Kohle pro Jahr d.h. weniger als 2.000 t täglich gefördert.

Im Süden, östlich von Altendorf-Ulfkotte, rückte der Westerholter Abbau auf Dorstener Gebiet vor. Bereits 1942 hatte das Bergwerk Westerholt mit den Abteufarbeiten des Schachtes Polsum 1 auf Marler Stadtgebiet begonnen. Sie dauerten bis 1949. Aber erst 1963 wurde die Förderung aus dem Feld Polsum aufgenommen.

Bergbau in Dorsten um 1970

1968 wurde das "Gesetz zur Anpassung und Gesundung des Deutschen Steinkohlenbergbaus und der Deutschen Steinkohlengebiete" verabschiedet. In dessen Folge, wurde die Ruhrkohle AG gegründet. An Stelle der vielen Einzelgesellschaften mit eigenen Interessen entstand eine Einheitsgesellschaft. Als eine der ersten Maßnahmen wurde 1970 das Bergwerk Fürst Leopold/Wulfen gebildet. Der Abbau ging zu dieser Zeit unter Dorsten-Holsterhausen und Hervest sowie östlich der Ortslage Wulfen um. Der Abbau des Bergwerkes Westerholt hatte sich von Polsum aus in Richtung Altendorf-Ulfkotte vorgearbeitet. Hier war zwischen 1967 und 1969 der Wetterschacht Altendorf abgeteuft worden.

Um 1990 wurde der Bergbau in Dorsten über Tage sichtbar: Mit der durchaus umstrittenen Bergehalde "Im Hürfeld", südlich der B 225, fand die Bergeentsorgung von Fürst Leopold/Wulfen und Westerholt erstmals auf Dorstener Stadtgebiet statt. Bis heute sind bereits erste Teilflächen endgestaltet und bepflanzt, wie man auf Bild 7 erkennen kann.

(Bild 7) Halde Im Hürfeld Blick auf Fürst Leopold 1981 wurde die Kohleförderung an Standort Wulfen eingestellt. Eine untertägige Förderverbindung im Niveau -990 m/NN nach Fürst Leopold war fertig gestellt worden, und von da an konnte sämtliche im Bereich Wulfen geförderte Kohle auf Fürst Leopold gehoben werden. Diese Verbindungsstrecke zwischen Fürst Leopold und Wulfen ermöglichte es auch, die Kohlenlagerstätte zwischen den beiden Bergwerken abzubauen. Der Abbau von Fürst Leopold fand im Wesentlichen unter dem Stadtsfeld und südlich der Stadtmitte, sowie unter Holsterhausen statt. Westerholt hatte in Richtung Westen mit seinen Abbauen die Lücke nach Fürst Leopold geschlossen.

(Bild 8) Bergbau in Dorsten um 1990

Das Annähern der Abbaubereiche der beiden Bergwerke führte immer wieder zu Verbundgerüchten. 1997 wurden diese Gerüchte Wahrheit, und zum 01.04.1998 entstand das Bergwerk Lippe aus den Bergwerken Westerholt und Fürst Leopold/Wulfen. Das Bergwerk Lippe hatte zunächst zwei Förderstandorte und den Verwaltungssitz auf Fürst Leopold. Der Abbau im ehemaligen Leopolder Bereich wurde planmäßig zurückgefahren. Mitte 2000 wurde der Abbau in Wulfen eingestellt und die Schächte zum Jahresende verfüllt.

Ende 2000 ging der Abbau unter Holsterhausen zu Ende und am 17. August 2001 wurden die letzten Kohlen auf Fürst Leopold aus einem Betrieb unterhalb des Stadtsfeldes gefördert. Bereits zum 01.04.2001 wurde der Sitz der Werksleitung nach Westerholt verlegt. Der Schacht Baldur wurde 2002 verfüllt.

Am 15. Juni 2005 kommt es mit dem Durchschlag des Flözberges im Flöz L/K/I von Fürst Leopold nach Westerholt endlich zum räumlichen Verbund beider Bergwerke unter Tage, und die Infrastruktur von Fürst Leopold kann im Baufeld Polsum Nord für die Wettertechnik und das notwendige Flucht- und Rettungskonzept genutzt werden.

(Bild 9) Flözberg L/K/I

Mit diesem Durchschlag ist die Verbundmaßnahme abgeschlossen, jedoch auch das letzte Kapitel des Bergwerks Lippe zu diesem Zeitpunkt bereits eingeläutet. Im Mai 2004 hat nämlich der Aufsichtsrat der RAG, wie die frühere Ruhrkohle AG inzwischen heißt, beschlossen, die Förderung zum 1.1.2010 auslaufen zu lassen. Das Bergwerk Lippe hat damit seinen Stilllegungsbeschluss.

Bis dahin werden zur Bewetterung des Grubengebäudes weiterhin die Schächte Fürst Leopold 1 und 2, der Schacht Altendorf sowie die Schächte Polsum benötigt. Der Standort Polsum wird weiterhin Hauptseilfahrtstandort bleiben. Die Förderung erfolgt bis zur Stilllegung aus den Abteilungen Polsum-Nord und Polsum-Süd.

(Bild 10) Bergbau in Dorsten Kohleabbau bis 01.01.2010

Über die Laufzeit des Bergwerks hinaus muss der Standort Fürst Leopold für Wasserhaltungszwecke weiterbetrieben werden. Das unter Denkmalschutz stehende Schachtgerüst des Schachtes 2 bleibt dabei erhalten. Das moderne Schachtgerüst von Schacht 1 wird ebenso wie die Fördermaschine und der Lüfter zurückgebaut. Bis auf eine kleine Restfläche um die Schächte herum kann das Gelände für Nachfolgenutzungen verplant werden.

Bereits vollständig zurückgebaut ist das Werksgelände in Wulfen. Auch die Fläche am ehemaligen Zechenhafen und die Fläche des Schachtes Baldur stehen, sofern die Bergaufsicht beendet ist, für Nachfolgenutzungen zur Verfügung.

Doch auch wenn der Bergbau sich aus Dorsten zurückzieht und nach den jüngsten Beschlüssen der Bundesregierung der Steinkohlebergbau bis 2018 vollständig eingestellt werden soll, leben zahlreiche Dorstener weiterhin von und mit dem Bergbau. Der Strukturwandel wird auch für die zahlreichen Zulieferer des Bergbaus eine Herausforderung darstellen. Sie müssen Ihr Sortiment ändern und sich auf neuen Geschäftsfeldern bewähren.

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